Spielerschutz Tätigkeitsbericht 2019

28 I N T E R V I E W M I T K A I S E ND E R 29 I N T E R V I E W M I T K A I S E ND E R Seine Frau Gisela sagt den entscheidenden Satz in seinem Leben: „Wenn du noch einmal spielst, dann verspielst du mich“, sagt sie, als sie von der Spielsucht ihres Mannes Kai Sender erfährt. Ihm ist klar, dass seine Frau es ernst meint. Kai Sender beginnt eine Therapie und überwindet seine Sucht nach Online-Glücksspiel. WIE GEHT ES IHNEN HEUTE? Ausgezeichnet. Vielen Dank. Meine Frau und ich haben keine einfache Zeit hinter uns. Ich habe es aber geschafft – ohne meine Frau wäre das nicht möglich gewesen. Heute bin ich ehrlich. Zu mir, zu meiner Frau und zu mei- nem Umfeld. Das fühlt sich gut an. Ich muss nicht mehr lügen und bin frei. WIE LANGE WAREN SIE SPIELSÜCHTIG? Ich habe rund dreieinhalb Jahre gespielt. Online-Poker war mein Ding. Ich habe komplette Tage vor dem Rechner verbracht. UND IHRE FRAU HAT NICHTS GEMERKT? Ich habe immer in meinem Büro gespielt. So haben meine Frau und mein Umfeld nichts mitbekommen. Das Geld habe ich von meinem Geschäfts- konto genommen. Ich habe mir ein richtiges Lügengebilde aufgebaut. Das war anstrengend. Und es war immer schwieriger, dieses fragile Konstrukt aufrecht zu erhalten. Irgendwann wird der Druck zu groß. Wenn man Glück hat, kommt die Einsicht. Wenn nicht, kommt der Absturz. Ich hatte Glück – das lag an meiner Frau. WAS PASSIERTE DANN? Ich war gerade beim Autowaschen. Und plötzlich hat es „klick“ gemacht. Aus heiterem Himmel mit dem Gartenschlauch in der Hand. Ich habe alles meiner Frau erzählt. Sie war völlig überrascht, am Boden zerstört. Mir wurde klar, was ich angerichtet hatte. Ich war verzweifelt und wollte nicht mehr weiterleben. Wir haben darüber gesprochen und ich bin erstmal zu meiner Ärztin gegangen. Sie hat mich in eine geschlossene Anstalt ge- schickt und ich begann eine stationäre Therapie, um der Ursache meines Verhaltens auf die Spur zu kommen. Ich habe begonnen, mein Leben neu zu ordnen und aufzubauen. Dazu gehörte vor allem Ehrlichkeit. Süchtig nach Online-Poker WIE KAMEN SIE ZUM GLÜCKSSPIEL? Ich erinnere mich noch sehr gut. Es begann mit einer Werbemail eines Online-Poker-Anbieters. Da habe ich draufgeklickt und dummerweise das erste Spiel gewonnen. Vielleicht war das Spielsystem ja mit Absicht so programmiert. Danach kamen nicht mehr viele Gewinne. Ich habe weitergespielt und war immer überzeugt, dass morgen alles besser wird. Heute weiß ich, dass es nicht besser wird. WANN HABEN SIE GEMERKT, DASS SIE SÜCHTIG SIND? Irgendwann habe ich gemerkt, dass das Spielen mein ganzes Denken und Handeln bestimmt. Der erste Gedanke am Morgen drehte sich um Poker und dann habe ich nur noch an das nächste Spiel gedacht. Drei Jahre lang habe ich jeden Tag online gepokert. Ich hatte immer den großen Gewinn vor Augen. So habe ich ein großes Lügengebilde um mich herum aufgebaut. Wenn ich ins Büro ging, habe ich nichts anderes mehr getan, als zu pokern. Mein ganzer Alltag war auf das Spielen ausgerich- tet. Irgendwann wurde mir bewusst, dass ich es niemals schaffen würde, die Verluste wieder zurück zu gewinnen.

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